Jeden Tag, bei jeder Situation und Sache haben wir die Wahl: Geben wir innerlich einen „Daumen hoch“ oder einen „Daumen runter“? Unbewusst machen wir das immer. Das sofortige Bewerten hilft uns, die Welt zu ordnen und zu verstehen. Um besser handeln zu können. Doch meist sind wir beim Bewerten auf „Autopilot“. Dann beschäftigen mich immer zwei Fragen: Wie kommt es überhaupt dazu? Und vor allem: Wie komme ich raus aus der Nummer? Vielleicht ist das bei dir ähnlich? Hast du Lust, dir das mit dem „Autopiloten“ klar zu machen? Dann lies weiter.

Unser Gehirn scannt pausenlos und begierig nach Negativem

Dazu meine Frage an dich: Hast du auch eine „Negativ-Autobahn“ im Kopf? Ich nenne das so, wenn man dazu neigt, dass die negativen Erfahrungen in unserem Denken viel mehr Raum einnehmen als die positiven. Zugegeben: Unser Gehirn hat in der Grundausstattung einen Negativ-Filter. Das ist auch sinnvoll, damit wir hübsch überleben. Fehler, Schwachstellen und gefährliche Dinge mussten unsere Vorfahren sich sofort und „unvergessbar“ merken. Heute sind viele Dinge für uns nicht mehr überlebenswichtig. Aber die generationenlange Aussortierung von denen, die aus ihren Fehlern nicht lernten und denen, die sehr aufmerksam waren für Fehler (das sind unsere Vorfahren) wirkt auch heute noch.

Für uns „moderne Menschen“ ist dies aber manches Mal hinderlich. Wenn du beispielsweise etwas richtig klasse gemacht hast (eine Präsentation, einen Kuchen) und es gibt von zehn Personen einen Daumen nach oben und eine Person mäkelt. Womit befasst du dich dann? Genau! Die meisten beschäftigen sich mit der einen einzigen Kritik. Als Trainerin kann ich ein Lied davon singen. Vor allem in meiner Anfangszeit erlebte ich öfters, dass ich nach einem tollen Seminar von den Zwischendurch-Gesprächen mit den Teilnehmenden völlig euphorisch war. Dazu mündliche Feedbacks, um auf den Wolken zu schweben.

Und dann das: Eine einzige Person hatte nicht alle „Punkte“ im Feedbackbogen gegeben! Anfangs hat mich das manches Mal völlig ausgehebelt. Die vielen tollen, überzeugenden Rückmeldungen waren auf einen Schlag hinweggewischt. Nein, sie waren hinweggefegt. Weil – na klar – mein Fokus auf dem einzigen kritischen Stimmchen lag. Heute muss ich oft schmunzeln, wenn ich daran zurückdenke. Damals fand ich das gar nicht witzig. Aber die Auseinandersetzung mit diesem Verhalten hat mich zu einer besseren Trainerin gemacht – das denke ich zumindest 😉 Nicht das Auseinandersetzen mit den Kritikpunkten – sondern das Aufrechterhalten der Freude. Und das Bearbeiten der tieferen Ursachen für mein Muster, mir laserscharf die eine einzige „Mäkelstimme“ immer wieder reinzutun. Über das Maß hinaus, die mein Gehirn entwicklungsgeschichtlich drauf hat, um mein Überleben zu sichern.

Und so geht es vielen Menschen. Es gibt die eine einzige „Mäkelstimme“. Und die geht einem nicht mehr aus dem Kopf. Die wird von vorn nach hinten gedreht und von allen Seiten betrachtet. Blöd, nicht wahr?

Neben der Negativ-Autobahn ist auch noch was los

Mein Impuls für dich: Entscheide dich ganz bewusst dazu, nicht auf die Negativ-Autobahn zu gehen. Bleibe abseits davon. Höre bewusst auf die positiven Stimmen. Schaue auf das, was bereits gut und wertvoll ist. Mache dir bewusst, was du schon erreicht hast. Im Vergleich zu dir selbst wie du beispielsweise vor 5 Jahren warst. Oder als du das erste Mal etwas ähnliches gemacht hast. Fokussiere dich auf das, was gut ist. Was gelungen ist. Ich bin sicher, da ist eine Menge Gutes, auf das du schauen kannst. Oder zumindest eine einzige Sache. Oder eine winzige Kleinigkeit. Wenn nicht, dann hast du ein Thema gefunden, an dem du dich wunderbar weiterentwickeln kannst 😉

Wenn dir der positive Blick auf dich selbst schwerfällt, hier noch drei Tipps, damit du deinen Fokus und dein Gefühl verändern kannst:

  1. Denke für dich, wenn du so etwas hörst: Ist das nicht interessant? Übertreibe dabei ruhig etwas. Du kannst auch für dich laut oder nur in deinem Kopf mit hoher Fistelstimme sagen „Ohgottohgottohwehohwe, ist das nicht interessant?!!“ Oder nimm eine MickyMaus-Stimme.
  2. Frage dich: Was sagt der andere gerade (unbewusst) über sich selbst? Wenn du mit diesem Ohr hörst, bekommt so manche angeblich „konstruktive“ Kritik eine ganz andere Wirkung.
  3. Stell dir das Gesagte vor deinem geistigen Auge vor. Fühle, wie es größer und größer wird. Noch aufgeblähter, immer mehr. Dann nimm eine pinkfarbene Stecknadel und pikse beherzt in die „heiße“ Luft – YES!

Viel Spaß beim Erkunden des Gebietes neben der Negativ-Autobahn. Und wie immer könnten Techniken wie BSFF, CQM oder andere dich regelrecht nach vorn katapultieren. Das wären dann die Abkürzungen jenseits der Negativ-Autobahn. Oder was glaubst du, wie ich es geschafft habe, mit den Negativ-Stimmen besser umzugehen? Genau, mit so was wie BSFF und einer pinkfarbenen Stecknadel.

Autorin: Wera Nägler – www.wera-naegler.de